Vollbild Hechlinger Seenplatte, oder der Tag als der Regen kam! 

BMW Endurotraining in Hechlingen  (01./02. Juli 2003)

Vorgeschichte

Jeder der sich für BMW-Motorräder und hier vor allem für die Enduros interessiert hat sicher schon mal vom Endurotraining in Hechlingen gehört. So ging es auch Wolfgang und mir (Günther). Als ich im Sommer 2002 bei einer Tour durchs Altmühltal einen Wegweiser zum Enduropark Hechlingen sah, musste ich mir das mal näher ansehen. Nachdem ich ca. 1 Stunde den Teilnehmern zugesehen hatte und mit einigen auch sprechen konnte, kam ich zu der Überzeugung, dass hier nicht nur „Enduro-Cracks“ teilnehmen, sondern auch ganz „normale“ Motorradfahrer. Ab diesem Zeitpunkt stand für mich fest:

"Das muß ich auch machen!"

Es folgte noch ein weiterer Besuch im Herbst 2002 bei einer Ausfahrt vom Augsburger Boxer-Forum-Stammtisch und am Karfreitag 2003 zusammen mit dem Wolfgang und einigen anderen Freunden. Bei diesem Besuch konnten wir auch dem Schiedi, dem Done und anderen vom Boxer-Forum beim Trainieren zusehen.

Nachdem wir den ersten Schock über den Preis (520 € für das 2-Tages-Training) überwunden hatten, haben wir im Januar 2003 dann den Termin Anfang Juli gebucht. Der Wolfgang konnte zwischenzeitlich seine Eltern davon überzeugen, dass dies doch ein geeignetes Geschenk zu seinem 40. Geburtstag sei. Das ich das Training von meiner Frau zum 40. geschenkt bekomme, stellte sich erst später heraus.

Bei der Auswahl des Mietmotorrades siegte das Herz (R1150GS) ggü. dem Verstand (F650GS/Dakar).

Im Nachhinein bin ich auch ganz froh über die Entscheidung, da ich mich ziemlich kurzfristig und nach der Buchung für den Tausch meiner R80GS in eine R1150GS entschieden habe und somit auf dem gleichen Modell wie mein eigenes trainieren konnte. (Wolfgang)

In den Wochen und Monaten vor unserem Termin haben wir dann alle Berichte und Bilder geradezu verschlungen und Tipps gesammelt. Unsere größte Sorge war die Bekleidungsfrage. Der Termin ließ hochsommerliche Temperaturen erwarten, was unsere Goretex-Ausstattung eigentlich schon ausscheiden ließ. Ein Freund von mir stellte dann den Kontakt zu einem „Hobby-Crosser“ her und von diesem konnten wir uns 2 Sätze Cross-Klamotten (Brustpanzer, Ellbogen- und Knieprotektoren, Hemd und Hose) ausleihen. Wir waren also gerüstet.

Das Training

Die letzten Wochen hatten uns bereits einen tollen, heißen Vorsommer beschert und wir sahen uns schon tausend Hitzetode sterben.

Trotz der geringen Entfernung (ca. 75 km) von meinem Wohnort (Gablingen bei Augsburg) hatten wir uns entschieden, bereits am Vorabend (30.06.) mit dem Auto anzureisen. Im Gepäck natürlich die geliehenen Crossklamotten, unsere normale Goretex-Ausstattung und jede Menge Multivitamin-, Calcium- und Magnesiumtabletten sowie diverse Powerriegel.

Untergebracht waren wir in der Pension Schäfer-Meyer in Hechlingen, einer kleinen gemütlichen Familienpension mit einfachen, aber sauberen Zimmern und sehr freundlichen Gastgebern.

Abends ging es noch in den Forellenhof, einem Hotel in dem wohl die meisten der Teilnehmer absteigen (1.000 Übernachtungen pro Jahr von Trainingsteilnehmern). Hier haben wir die Steffi (übrigens die einzige Frau unter den Teilnehmern), den Peter und den Sven kennengelernt, die ebenfalls teilnehmen wollten.

In der folgenden Nacht schlug dann wie vom Wetterbericht angekündigt das Wetter um. Pünktlich kurz nach Mitternacht fing es heftig zu regnen an und hörte auch bis zum Morgen nicht mehr auf. Wegen des dauernden Geprassels an unser Dachfenster und der aufgestauten Hitze in unserem Zimmer war an einen erholsamen Schlaf nicht zu denken (vielleicht war es aber auch die Nervosität und der Respekt vor dem Unbekannten).

Vollbild Nach einem üppigen Frühstück ging es kurz nach 08:00 Uhr zum Trainingsgelände. Da es immer noch regnete war klar, dass die Crossklamotten im Kofferraum bleiben mussten, da wir hierfür keinerlei Regenschutz mit hatten.

Auf dem Gelände gibt es ein modernes Gebäude mit Aufenthaltsraum, Umkleideräumen (mit abschließbaren Spinden und Fächern für die Wertsachen) und Duschen.

Nachdem alle Teilnehmer (ca. 35, davon 17 Ungarn) eingetroffen waren, stellte sich das Instruktorenteam und Helmut (der gute Geist der Anlage) vor, und uns wurde der Ablauf der folgenden zwei Tage erläutert. Anschließend ging es dann zu unseren Maschinen. Vollbild

Lediglich zwei Teilnehmer fuhren mit ihrem eigenen Motorrad. Zu unserer Freude bekamen wir beide eine R1150GS Adventure. Alle Teilnehmer wurden in drei Gruppen (Könner, Fortgeschrittene, Anfänger) eingeteilt, wobei jeder selbst entscheiden konnte, welcher Gruppe er sich anschließt. Nachdem wir beide seit Jahren mit einer Enduro unterwegs waren und auch schon die eine oder andere „off-road“-Erfahrung gesammelt hatten, gingen wir in die Fortgeschritten-Gruppe, die nach einer kurzen Aufwärmphase nochmals geteilt wurde. In meiner Gruppe (Instruktor Marc) waren zuerst 6 Teilnehmer, später kamen noch zwei weitere hinzu. In der zweiten Fortgeschrittenengruppe (Instruktor Christian) waren es 5 Teilnehmer.

Die bereits erwähnte Aufwärmphase bestand aus einigen Runden (im Damensitz links oder rechts, nur auf der linken oder rechten Fußraste stehend, einhändig, auf der Sitzbank kniend) vor dem Aufenthaltsgebäude. Anschließend kamen einige langsamere Übungen (Kreisfahren, Slalom, Achter), wie sie auch schon aus dem Fahrsicherheitstraining bekannt sind, nur hier eben auf Schotter.

Weiter ging es mit diversen Kamelhügeln und der Durchfahrt zwischen zwei Balken, die lediglich ca. 15 cm auseinander lagen. Erschwerend kam hier hinzu, dass das Gelände vor und nach diesen Balken durch den Regen bereits sehr aufgeweicht und schlammig war. Bei dieser Übung hat sich wieder erwiesen, wie wichtig eine richtige Blickführung ist. Wer auf sein Vorderrad oder einen der beiden Balken schaut, bekommt unweigerlich Schwierigkeiten.

Nach einer guten Stunde gab es die erste Pause, und ich glaube, wir alle haben sie dringend gebraucht. Trotz des Dauerregens und der kühlen Temperaturen waren alle Teilnehmer bereits jetzt nassgeschwitzt.

Bis zum Mittagsessen im Forellenhof (übrigens im Preis enthalten) gab es dann noch Bremsübungen (schon erstaunlich, welche Bremsleistungen mit abgeschaltetem ABS auf Schotter möglich sind) und diverse Runden durch das gesamte Gelände. Hierbei hat sich gezeigt, dass der Regen manchen Untergrund erst griffig gemacht hat (z.B. Schotter), während das Fahren im Gras oder Lehm immer schwieriger wurde. Nun wurde uns auch klar, wie die „Kuschelwiese“ zu ihrem Namen gekommen ist. Diese unebene Wiese wird von unzähligen schmalen Spuren durchzogen und bei diesen Bodenverhältnissen hat sich bestimmt jeder unserer Gruppe mal ordentlich hingekuschelt.

Äußerst schwierig bei diesem aufgeweichten Boden war auch eine Abfahrt auf einem kleinen Pfad durch einen Wald, wobei dieser Pfad übersäht war mit unzähligen rutschigen Baumwurzeln. Die Abfahrt war für mich fast nur mit blockiertem Hinterrad möglich. Der Versuch diesen Pfad am nächsten Tag von unten nach oben zu befahren, ist mir dann fast zum Verhängnis geworden, hierzu später mehr.

Nach einer weiteren Pause folgte der Höhepunkt des Tages, wenn nicht des ganzen Trainings, der Besuch eines Panzerübungsgeländes. Hier konnten wir endlich auch mal über den 2. Gang hinaus schalten. Mit ca. 100 km/h „flogen“ wir über die Panzerstraßen, wühlten uns durch Schlammlöcher und bezwangen mehr oder weniger erfolgreich Steilauf- und –abfahrten. Bei einer dieser Abfahrten rutschte mir am Ende des Hanges das Vorderrad weg und ich landete in einer Schlammpfütze. Wichtig bei der Fahrt durch die Schlammlöcher ist, darauf zu achten wo der Instruktor fährt, denn er weiß in der Regel auch, wie tief diese sind. Das erfuhr auch ein Teilnehmer aus unserer Gruppe, als er einmal auf der „falschen“ Seite des Weges fuhr und nach einem Ausrutscher ein Vollbad nahm.

Das kann ich nur bestätigen. Einmal bei der Durchfahrt einer Panzerspur nicht aufgepasst, und schon stand bzw. fuhr ich durch ca. 50 cm tiefes Wasser und aufgrund der zu hohen Einfahrgeschwindigkeit produzierte ich eine Bugwelle, dass mir das Wasser nur so in den offenen Helm schoß. (Wolfgang)

Nach einer Stunde ging es dann wieder zurück auf das Trainingsgelände, wo erst einmal eine Grobreinigung an der Stiefelwaschanlage anstand. Vollbild

Nach dem Abflug bei der Abfahrt stand bei mir aber eine Ganzkörperreinigung an. Die nassen Klamotten haben wir zum Trocknen im Heizungsraum aufgehängt und dann ging es zur Pension, wo wir uns eine ausgiebige Dusche genehmigten.

Der erste Tag hatte bereits gezeigt, wie wichtig gute Stiefel sind. Meine günstig ersteigerten Stiefel, die im Alltag sicher ausreichend sind, waren bereits nach einem Tag schon schwere Gebrauchsspuren anzusehen und von den Wassermassen im Inneren der Stiefel möchte ich gar nicht anfangen. (Wolfgang)

Vollbild Zum Abendessen (leckeres Buffet mit Fleisch vom Grill, Salaten und Gemüse) trafen sich dann wieder alle Teilnehmer und ein Teil der Instruktoren im Forellenhof.

Hier hatte man Gelegenheit, ausgiebig über den ersten Tag zu sprechen und auch die Instruktoren mal näher kennenzulernen.

Nach der zweiten Nacht, in der wir wesentlich besser geschlafen hatten, begann das Training um 08:45 Uhr mit einem allgemeinen Aufwärmprogramm (Gymnastik, Stretching) welches vom Helmut mit passender Musik untermalt wurde. Das Wetter hatte sich nur leicht gebessert. Es gab zwar keinen Dauerregen mehr, aber immer wieder mehr oder weniger heftige Schauer.

Hauptaugenmerk lag nun auf diversen Steilauf- und –abfahrten inkl. Bremsen und Anhalten am Hang und Bergen der Maschine. Hier hat sich gezeigt, welches üppige Drehmoment der große Boxer besitzt. Mit ganz wenig Gas zieht das Motorrad auch die steilsten Hänge hoch. Mir persönlich sind die Auffahrten auch wesentlich leichter gefallen, als die Abfahrten.

Bei einer der obligatorischen Runden durch das Gelände kam ich dann an einer kurzen aber steilen Auffahrt zu Fall. Mit vereinten Kräften wurde das Motorrad wieder aufgestellt und nachdem auch der zweite Versuch missglückte und mir nach dem Aufprall auf einen Stein auch die linke Hüfte weh tat, bat ich Marc, die Maschine nach oben zu fahren. Aber auch er hatte damit große Probleme. Letztendlich schob er dann die Maschine mit durchdrehendem Hinterrad den Hang hinauf.

Nach dem Mittagessen und dem anschließenden Tanken (mein Verbrauch: ca. 11 L auf ca. 110 KM) gab es dann in den einzelnen Gruppen die ersten Ausfallerscheinungen. Auch der einzige ungarische Teilnehmer in unserer Gruppe stellte seine F650GS Dakar vorzeitig ab. Marc führte uns noch an einige Aussichtspunkte, wo wir Fotos machen konnten.

Als wir später den Waldpfad, den wir am Vortag bergab gefahren sind bergauf fahren wollten, machte ich einen folgenschweren Fehler. Ich fuhr wohl etwas zu schnell und mit zu wenig Abstand hinter Sven her. Als dieser dann für mich unerwartet bremste, konnte ich nicht mehr rechtzeitig anhalten und prallte ihm auf’s Hinterrad. Meine Maschine ging nach links in den Wald ab, wurde dort durch einen Baum gebremst. Vom ersten Schreck erholt musste ich erst den Tankdeckel zudrücken, da aus diesem das Benzin rausschwappte. Die Maschine alleine zu bergen war unmöglich, da das Vorderrad rechts vom Baum und der Scheinwerfer und der Lenker links vom Baum war. Der voluminöse Schnabel meiner Adventure war abgebrochen und wurde nur noch durch die Blinkerkabel gehalten.

Nachdem wir die Maschine zu dritt wieder aufgestellt hatten kam auch schon der Marc zurück und meinte, dass wir diesen Pfad wohl nicht weiter fahren können, da er weiter oben noch schmieriger sei. Tja, das hätte er mir auch vorher sagen können.

Vollbild Ich brachte die Maschine zurück zum Hangar und erwiderte auf die Frage des Mechanikers, was denn los ist nur: „Ich habe einen „schnabellos“-Umbau!“

Zum Abschluß des zweiten Tages gab es dann noch Kies- und Sanddurchfahrten, die uns allen sehr viel Spaß gemacht haben. Vor allem die Stürze im Sandfeld sorgten für so manchen Lacher. Als letzte Aktion fuhren wir mit unseren Maschinen alle durch die Waschanlage und befreiten sie so zumindest vom gröbsten Schmutz.

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Um 16:00 Uhr fanden sich dann wieder alle Teilnehmer im Aufenthaltsraum ein und nahmen das Teilnahmezertifikat und ein Erinnerungs-T-Shirt in Empfang. Nach Säuberung von Material und Mensch klangen zwei ereignisreiche Tage mit köstlichem Kuchen von Helmuts Frau aus.

Fazit

Das Training war zwar sehr anstrengend, aber es hat uns wie sicher dem Großteil aller Teilnehmer riesig Spaß gemacht. Die Sonne haben wir in diesen beiden Tagen nicht vermisst. Im Gegenteil der Regen trug nicht unerheblich zur Abkühlung bei. Wir haben sehr viel gelernt und können einiges sicher auch auf unseren Touren auf der Straße anwenden. Die ersten Blutergüsse kamen bereits am Ende des zweiten Tages zum Vorschein und haben noch viel Gesellschaft bekommen. In einigen Tagen werden aber bestimmt alle wieder weg sein.

Eine Wiederholung ist auf jeden Fall geplant !

Noch ein paar Tipps

 

Bikergrüße
Günther  + Wolfgang

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